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Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Oberbürgermeister

Nach § 70 Abs. 1 GO-LSA sind Verpflichtungsgeschäfte der Gemeinde vom Bürgermeister handschriftlich zu unterzeichnen und mit dem Dienstsiegel zu versehen. Die Kündigungserklärung eines Arbeitsver­hältnisses durch den Oberbürgermeister einer Gemeinde beinhaltet nach Auffassung des Arbeitsgerichts Naumburg ein einseitiges Ver­pflichtungsgeschäft i. S. v. § 70 Abs. 1 GO-LSA. Im Rahmen der Ab­gabe von privatrechtlichen Erklärungen handelt es sich bei der Regelung des § 70 Abs. 1 GO-LSA aber nicht um eine echte Formvor­schrift i. S. d. Kommunalrechts, sondern um eine materielle Vorschrift über die Beschränkung der Außenvertretungsmacht der gesetzlichen Vertreter der Gemeinde. Werden Formvorschriften durch den Ober­bürgermeister nicht eingehalten, so handelt er als Vertreter ohne Ver­tretungsmacht.

Der Oberbürgermeister der Stadt Z. beabsichtigte, im Oktober 2007 die außerordentliche Kündigung eines Amtsleiters als Tarifbeschäftig­ten wegen „qualitativer Minderleistungen“. Auf Anfrage lehnte der Ge­meinderatsvorsitzende die Einberufung einer Sondersitzung des Ge­meinderates hierzu ab. Der Oberbürgermeister berief sich deshalb auf seine „Eilzuständigkeit“ in dringenden Angelegenheiten des Ge­meinderates nach § 62 Abs. 4 GO-LSA und sprach dem Amtsleiter nach Beteiligung der örtlichen Personalvertretung mit Schreiben vom 22.10.2007 die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Mit Schreiben vom 08.11.2007 er­folgte eine weitere vorsorgliche ordentliche Kündigung zum 31.03.2008. Beide Kündi­gungsschreiben waren vom Oberbürgermeister handschriftlich unterzeichnet, jedoch nicht mit einem Dienstsiegel versehen. Eine Beschlussfassung fand in der Kündi­gungssache des Amtsleiters im Gemeinderat der Stadt Z. nicht statt.

Der klagende Amtsleiter rügt in seinen Kündigungsschutzklagen die mangelnde Ver­tretungsmacht des Oberbürgermeisters zum Ausspruch der Kündigungen vom 22.10.2007 und 08.11.2007 im Ergebnis zu Recht. Mangels einer Eilzuständigkeit des Oberbürgermeisters war für den Ausspruch der Kündigungen des Amtsleiters jeweils ein Gemeinderatsbeschluss erforderlich. Zwar wird durch die Nichtbeachtung der inter­nen Entscheidungsbefugnis des Gemeinderates gemäß § 44 Abs. 4 Ziff. 1 GO-LSA die Erklärung des Oberbürgermeisters im Außenverhältnis nicht ohne weiteres unwirksam – schließlich ist der Oberbürgermeister der gesetzliche Vertreter der Stadt Z.- jedoch mangeln die Kündigungsschreiben wegen der fehlenden Dienstsiegel zudem an der gesetzlichen Legitimation im Außenverhältnis. Die gemeindeordnungswidrig erklärten Kündigungen konnten gemäß § 180 S. 2 BGB vom Vertretenen (hier Gemeinderat) mit rückwirkender Kraft – bei der außerordentlichen Kündigung nur innerhalb der                2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB – genehmigt werden. Eine Genehmigung der Kündigungen durch den Gemeinderat der Stadt Z. erfolgte nicht, so dass beide Kündigungserklärungen wegen mangelnder Vertretungsmacht des Oberbürgermeisters unwirksam sind.

Diese Entscheidung ist rechtskräftig.

Arbeitsgericht Naumburg, Urteil vom 28.02.2008, 1 Ca 1904/07

Posted on Februar 15th, 2008 by magnus  |  Kommentare deaktiviert für Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Oberbürgermeister